Warum Spielen die Zusammenarbeit bei erwachsenen Säugetieren fördert

Bei der ersten Begegnung mit einem fremden Hund zeigen die meisten Hunde erst Aggression. Doch sobald man sie von der Leine lässt und sie sich näherkommen, ändert sich ihr Verhalten.

Sie wechseln zwischen aggressiver und spielerisch-unterwürfiger Haltung. Zeigt der andere Hund ähnliches Verhalten, wird kein Kampf stattfinden, sie werden spielen. Und wenn sie sich das nächste Mal begegnen? Kein aggressives Gebell, nur freundliche Begrüßungen und sofortiges Spielen.

Genau wie bei den wilden Vorfahren, den Wölfen, traGEN Hunde die DNA in sich, die sowohl Aggression als auch Spielverhalten fördert. Wölfe in freier Wildbahn jagen im Rudel und müssen dabei eng zusammenarbeiten. Diese Zusammenarbeit entwickelt sich durch spielerische Interaktionen, wodurch die Wölfe ihre dominanten Instinkte unterdrücken und zusammenarbeiten können, um ein großes Tier wie einen Elch zu erlegen. Obwohl Hunde hier bei uns an den Teichen wahrscheinlich keinen Elch zu Fall bringen, bleibt ihr Spieltrieb bestehen. Denn die Natur hat den Spieltrieb mit dem Lustzentren im Gehirn verknüpft, sodass er immer wieder belohnt wird.

Spielen fördert bei Erwachsenen die Zusammenarbeit und das friedliche Zusammenleben. Es ist nicht nur ein kindlicher Zeitvertreib, sondern ein essenzieller Bestandteil sozialen Miteinanders. 

Die versteckte Botschaft hinter dem Spiel: Unterdrückung des Dominanzverhaltens

 was genau unterscheidet ein „Spiel“ von einem echten Kampf?

Ein echter Kampf zielt darauf ab, so schnell wie möglich zu siegen und Dominanz über den Gegner zu erlangen. Im Gegensatz dazu geht es beim Spielen darum, die Interaktion am Laufen zu halten – für den Spaß und das Training, das es bietet. Dabei müssen beide Tiere darauf achten, sich gegenseitig nicht zu verletzen oder gar zu gewinnen. Sie müssen die Zustimmung des anderen behalten; sonst endet das Spiel.

Ein interessanter Aspekt: Beim Spielen passen stärkere Tiere ihr Verhalten oft an, um das schwächere Tier nicht zu einschüchtern.

Das Spiel wird also zu einer gleichberechtigten, kooperativen Aktivität.

Forschungen an Ratten haben gezeigt, dass sie beim Spielkampf bevorzugt in verletzliche Positionen gehen, wie die Bauch-oben-Position. Hier üben sie, wie man aus solch einer Lage herauskommt. Interessanterweise wechseln sie dabei die Rollen. Im echten Kampf würde natürlich keine Ratte freiwillig ihre dominante Position aufgeben.

Ähnlich verhält es sich beim spielerischen Jagen. Bei den meisten Tierarten ist die bevorzugte Position, gejagt zu werden, und nicht zu jagen – ähnlich wie beim Fangenspiel unter Menschen. Bei Raubtieren wie Wölfen oder Hunden sieht das anders aus, da ihr Jagdspiel das Üben des Beutefangs darstellt. Aber generell zeigt sich im Spielverhalten: Es ist besser, untergeordnet und verletzlich zu sein, als dominant und unverwundbar.

Das Spielen lehrt Tiere (und uns!), dass es manchmal besser ist, die Rolle des Unterlegenen einzunehmen und zeigt die Bedeutung von Kooperation und Gleichberechtigung. 

Das Spiel als Grundstein für Moral

Ich nhabe niemals darüber nachgedacht, dass Spielen mehr ist als nur Spaß und Zerstreuung.

Laut Marc Bekoff, einem Experten für das Spielverhalten bei Hunden, zeigt das Spiel bei Tieren Verhaltensweisen, die als Kernelemente der Moral betrachtet werden, wenn sie bei Menschen auftreten:

  • Abmachungen treffen
  • Vertrauen
  • Fairness
  • sich entschuldigen
  • vergeben

Wenn Hunde spielen wollen, zeigen sie den „Spielschwung“, eine Aufforderung zum Spiel. Bei Primaten ist es das „Spielgesicht“, vergleichbar mit unserem Lachen. Dies initiert den „Vertrag“ zum Spiel. Doch während des Spiels muss Fairness gewahrt werden. Wenn ein Tier das andere aus Versehen verletzt, ist eine Entschuldigung fällig. Diese kann beispielsweise durch das erneute Zeigen des Spielschwungs erfolgen. Wenn das verletzte Tier diese Geste erwidert, zeigt es damit seine Vergebung.

Bekoff stellt fest, dass Tiere beim Spielen selten betrügen. Diejenigen, die es tun, etwa junge Kojoten, die einen Mitspieler ernsthaft angreifen, werden oft gemieden und führen ein isoliertes Leben. Das Spiel könnte also auch ein Mittel sein, die Verlässlichkeit eines Tieres in sozialen Verträgen zu prüfen.

Es scheint so, dass Spielen ursprünglich dazu diente, jungen Tieren essentielle Überlebensfähigkeiten zu vermitteln. Aber weil soziales Spielen Kooperation erfordert, entwickelten Tiere Mittel, ihre angeborenen Dominanzbestrebungen zu unterdrücken. Die Signale für soziales Spiel wurden zu Signalen für Nicht-Aggression. Für viele Tiere, wie Wölfe, die in Rudeln jagen, ist Kooperation nicht nur im Spiel, sondern auch in anderen Aktivitäten wertvoll. Daher spielen diese Arten auch im Erwachsenenalter.


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